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Die Grenzen persönlicher Freiheit

Schon den griechischen Philosophen Platon trieb im 4. Jahrhundert vor Christus die Frage um, wie man den weisesten Herrscher finden könnte. Seine Ausführungen der «Politeia» wurden jedoch ausgerechnet von seinem Schüler Aristoteles grundsätzlich kritisiert: Welches der weiseste Herrscher wäre, sei schlicht die falsche Frage. Vielmehr müsse man die Verfasstheit des Staates betrachten und dasjenige Format wählen, welches dem Allgemeinwohl am meisten diene und einzelne Herrscher im Zweifelsfall wirksam beschränken könne.

Nicht nur in der Weltpolitik, auch in Mediationen in Familien, Nachbarschaft, Firmen, Organisationen, begegnen uns immer öfter Fragen um die Grenzen persönlicher Freiheit. Dort, wo ungehemmtes Agieren und Verhalten, gut gemeintes eingeschlossen, andere subjektiv beeinträchtigt, entstehen Konflikte: in Form grenzüberschreitender Bemerkungen oder Verhaltens, durch Gesagtes oder ungesagt Gebliebenes, Getanes oder Unterlassenes.

«Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“, formulierte Immanuel Kant. Diese Grenzen im Alltag zu bewirtschaften, fällt - erst recht - im akuten Konflikt nicht mehr leicht und es fällt auch grundsätzlich nicht allen leicht, sich zu zügeln. Das gemeinsame Aushandeln neuer organisatorischer Verfasstheit, sprich: Regelungen, Leitbilder, Prinzipien, Konzepte, Reglemente ist dann ein oft anspruchsvoller Weg in Mediationen.

Solche Verfasstheiten oder Institutionen sind soziologisch die organisatorischen Umsetzungen bestimmter Leitideen: Für Aristoteles war das Allgemeinwohl eine Leitidee für die Wahl der Staatsform. Wir unterstehen der Strassenverkehrsordnung, die den Verkehr so regeln soll, dass Unfälle weitgehend vermieden werden, und Hausordnungen, die das nachbarschaftliche Zusammenleben zu maximalem Wohlbefinden aller regeln sollen.

Regeln und Institutionen entlasten uns von spontan zu vertretenden Entschlüssen, sie schränken die persönliche Freiheit (aller!) ein, zugunsten eines guten Miteinanders. Vielleicht wäre es ganz heilsam, wenn wir unseren Fokus auf allen gesellschaftlichen Ebenen weniger auf einzelne Personen, sondern wieder mehr auf die Ausarbeitung, Aktualisierung und Stärkung von Leitideen und guter Regeln für alle richten.