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Ausbildungsinstitut perspectiva

Von künstlicher und menschlicher Intelligenz

«Die Geistesgegenwart zu behalten bedeutet, unsere Kognition nicht einfach auszulagern», schreibt Richard David Precht in seinem Buch: Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens.

Maschinen können zwar ungleich besser rechnen, kalkulieren und grösste Datenmengen verarbeiten. Aber die «Lektion des Computers ist nicht, dass er uns bald ersetzt, sondern das zu entdecken, bei dem er uns nicht ersetzen kann».

Menschliche Intelligenz ist eben gerade nicht in erster Linie logisch, streng rational und regelbasiert, sondern durchzogen von Gefühlen, Intuition, Spontanität, Assoziation. Bedeutungen werden nicht logisch erschlossen, sondern aus dem situativen Kontext abgeleitet, mit feinem Sinn für Stimmungen, komplexe Zusammenhänge, unter Einbezug von Lebenserfahrung und Haltungen: Wir nehmen unsere Umwelt nicht nur wahr, wir konstruieren sie als Sinnzusammenhänge.

Die Frage nach dem Umgang mit KI ist für Precht daher v.a. eine «Bildungsfrage», nämlich als Menschen und Gesellschaften zu «lernen, intelligenter mit Computern umgehen». Eine Frage, die sich angesichts eines Kommerz getriebenen «Diktats des Schneller, Höher, Weiter», einer «Algokratie» (auf Algorithmen basierende Herrschaftsform), unreflektiertem «Datatismus» und der Zerstörung menschlicher Lebensgrundlagen dringlichst stellt.

Es gelte, die Mittel – wie Innovation, Rationalität, Effizienz und Fortschritt – nicht länger per se als Ziele zu akzeptieren, sondern neu auszurichten. Rationalität allein biete keine Anleitung für ein gelingendes Leben. Glück, Zufriedenheit, Sinn sind für Menschen das, als was sie sich anfühlen, so wie Wohlstand, Frieden, Rechtsstaatlichkeit, Brüderlichkeit, Freiheit gesellschaftliche Ziele sind, die Sinn stiften.

Um Fortschritt und Humanität neu aufeinander zu beziehen, braucht es allerdings mehr als Programmier*innen und selbstlernende Superintelligenz. Es braucht v.a. reflexive Praxen und «gesunden Menschenverstand».

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Besser kleine Schritte als keine

Anlässlich des 30-jährigen Abi-Treffens kam uns das Foto eines Treffens mit Leonardo Boff, einem brasilianischen Befreiungstheologen, unter, der sich für Armutsbekämpfung und Naturschutz einsetzt. Seine kraftvollen sprachlichen Bilder «goldener Wolken», eines «Himmels voller Sterne", vom "Lächeln eines Kindes", der "Hand, die sich öffnet, um zu geben», hatten uns bestärkt, mitzuarbeiten in Weltläden und Umweltprojekten.

Auch 30 Jahre später vermögen uns die Äusserungen des mittlerweile 86-jährige Boff zu beeindrucken. Angesichts einer Welt, die mühsam erkämpfte Klimaziele wie das 1,5 Grad-Limit auf absehbare Zeit nicht einhalten und von kriegerischen und humanitären Krisen geschüttelt wird, gibt er die Hoffnung nicht auf, sondern spricht sich heute aus für «minimalistische Utopien» und Wege der kleinen Schritte.

Diese Strategie wird gestützt von Klimaökonomen wie Ottmar Edenhofer, der dafür plädiert, sich nicht niederwerfen zu lassen, vom Scheitern der grossen Gipfel-Politik. Diese Versuche bleiben wichtig, «um schrittweise zu kleinen, pragmatischen, aber tragfähigen Vereinbarungen zu kommen», notfalls auch ohne einzelne grosse Player.

Viel wichtiger aber sind kleinere Koalitionen von einzelnen Ländern und Akteuren auf allen Ebenen, die umweltpolitische Vorhaben umsetzen. Gelingende Projekte können Vorbildwirkung entfalten und Strukturen in Bewegung bringen. Das Narrativ, «wonach gar nichts klappt», hält Edenhofer geradezu für «falsch und gefährlich»: «Wir haben schon sehr viel Zeit verloren, indem wir immer gesagt haben, wir haben keine Zeit». Es lohne sich auch, «für die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,6 oder 1,7 oder 1,8 Grad zu kämpfen».

Viele Untersuchungen zeigen, dass Katastrophenpädagogik als Versuche, Menschen durch schockierende Botschaften zum Handeln zu bewegen, wenig gut funktionieren. Wirkungsvoller ist die konkrete Aussicht, dass es eine Vielzahl sinnvoller Massnahmen und eine angezeigte Richtung gibt, in welche kleine Schritte zu gehen weit besser ist als keine.

Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer, mit entschleunigten Momenten, die Raum schaffen für beflügelte Hoffnung und neue kraftvolle Pläne.

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Von Geburtstagen und Vorfreude

August ist bei uns zweifacher Geburtstags-Monat, ganz unabhängig vom Landesjubiläum. "Ich habe Vorfreude, starke Vorfreude!", ist die Begründung dafür, dass unser Bald-Erstklässler uns regelrecht löchert, um Hinweise zu erhalten: wie viele Tage es noch sind, ob es wieder eine Schnitzeljagd geben wird, wie viele grosse und kleine Geschenke es wohl werden, und was in diesem Zusammenhang "gross" und "klein" bedeutet, wohin der Geburtstagsausflug gehen wird, wer wann zu Besuch kommt usw.

Erfahrungsgemäss legt sich diese Geburtstags-Euphorie bei den meisten mit den Jahren. Bis hin zu Einstellungen wie derjenigen von Albert Einstein: "Ich denke niemals an die Zukunft. Sie kommt früh genug."

Warten auszuhalten ist eine Fähigkeit, die in der Kindheit erst entwickelt und im Laufe des Lebens weiter trainiert werden muss. Glücklicherweise wachsen (bei den meisten) mit dem Älterwerden auch Impulskontrolle und Geduld, so dass mit Ungewissheit oder damit, dass Wünsche unerfüllt bleiben, einigermassen umgegangen werden kann. Zudem verändert sich (mit noch mehr Jahren) offenbar auch die subjektive Zeitwahrnehmung, die Jahre scheinen überhaupt schneller zu vergehen.

"Je stärker die Vorfreude, umso länger sind die Tage", erklärt mir folgerichtig unser Zweitjüngster die aktuelle Herausforderung, ebenfalls stark mit dem Geburtstagsthema beschäftigt, wenn auch mit der Entspanntheit zweier Jahre Altersabstand. Was helfen würde? Eine Art Geburtstags-Adventskalender vielleicht, zur Ablenkung und täglichen Freude. Das erinnert doch ein wenig an die Aktionen der Grossverteiler, die sich mit ihren Kalendern wechselnder Tagesangebote vor allen Festen im Frühling, Sommer, Herbst und Winter ja eigentlich an etwas ältere Kundschaft richten?

Als solcher Angebotskalender lesbar ist aber auch unser August-Newsletter - mit vielen Aus- und Weiterbildungs-Seminaren zum Vorfreuen oder wie es Antoine de Saint-Exupery sah: "Unsere Aufgabe ist es nicht, die Zukunft vorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen." Das ergäbe ein tagefüllendes Programm ...

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Was aufgeheizte Debatten befrieden hilft

«Wenn Krieg die gewaltsame Lösung eines Konflikts ist, dann ist Frieden nicht die Abwesenheit von Konflikten, sondern vielmehr die Fähigkeit, Konflikte ohne Gewalt zu lösen», stellt C. T. Lawrence Butler, amerikanischer Autor und Aktivist, fest. Der gemeinte Unterschied wird sichtbar, wenn sich Auseinandersetzungen über Fragen und Themen direkt zu erbitterten Kontroversen aufheizen, indem unterschiedliche Meinungen allein schon als Zumutung und Bedrohung empfunden werden.

Dabei geht es nicht darum, Differenz an sich zu fürchten. Helfen würde schon, die Dialogfähigkeit zu stärken, anstelle fortwährend in den Modus Kampf zu verfallen. Insofern stellt sich die Frage nach Kommunikations- und Umgangsformen, die Zusammenhänge ergründen, Verständigung unterstützen und ein Denken fördern, das tiefer unter die Oberfläche geht, um dort auf Verbindendes und Verbindliches abzustützen.

Genau hier setzen Ansätze wie Mediation und mediationsanaloge Supervision, Hypnosystemische und Gewaltfreie Kommunikation an. Sie können gesichtswahrend Affekte, Interessen und Bedürfnisse, die unter sozialen Spannungsverhältnissen liegen, erfassen. Nicht selten geht es in lautstarken Auseinandersetzungen eigentlich um innere Konfliktlagen, stehen hinter proklamierten moralischen Normen und Rechthaberei verdrängte Impulse, etwa nach Autonomie, oder innere Ambivalenz. Diese bewusst zu machen, lässt sie gestaltbar werden, so dass innerer und äusserer Frieden möglich werden.

Mediation als Konfliktpräventions- und Lösungs-Methode wie auch die genannten Kommunikationsansätze und supervisorische Tools helfen, Gegensätze auszuhalten und durchzuarbeiten, indem sie den Fokus auf das lenken, was in Debatten hinter Positionen steht. Damit ermöglichen sie Dialog und Lösungsfindung und schaffen es, soziale Orte zu befrieden. Ihre Funktionsweise basiert dabei nicht darauf, Widersprüchliches und Differenzen abzulehnen oder zu missbilligen, sondern vielmehr anzunehmen und durch neue Perspektiven bewusst, integrierbar und bearbeitbar zu machen, kurz: friedlich zu lösen.

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Die Grenzen persönlicher Freiheit

Schon den griechischen Philosophen Platon trieb im 4. Jahrhundert vor Christus die Frage um, wie man den weisesten Herrscher finden könnte. Seine Ausführungen der «Politeia» wurden jedoch ausgerechnet von seinem Schüler Aristoteles grundsätzlich kritisiert: Welches der weiseste Herrscher wäre, sei schlicht die falsche Frage. Vielmehr müsse man die Verfasstheit des Staates betrachten und dasjenige Format wählen, welches dem Allgemeinwohl am meisten diene und einzelne Herrscher im Zweifelsfall wirksam beschränken könne.

Nicht nur in der Weltpolitik, auch in Mediationen in Familien, Nachbarschaft, Firmen, Organisationen, begegnen uns immer öfter Fragen um die Grenzen persönlicher Freiheit. Dort, wo ungehemmtes Agieren und Verhalten, gut gemeintes eingeschlossen, andere subjektiv beeinträchtigt, entstehen Konflikte: in Form grenzüberschreitender Bemerkungen oder Verhaltens, durch Gesagtes oder ungesagt Gebliebenes, Getanes oder Unterlassenes.

«Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“, formulierte Immanuel Kant. Diese Grenzen im Alltag zu bewirtschaften, fällt - erst recht - im akuten Konflikt nicht mehr leicht und es fällt auch grundsätzlich nicht allen leicht, sich zu zügeln. Das gemeinsame Aushandeln neuer organisatorischer Verfasstheit, sprich: Regelungen, Leitbilder, Prinzipien, Konzepte, Reglemente ist dann ein oft anspruchsvoller Weg in Mediationen.

Solche Verfasstheiten oder Institutionen sind soziologisch die organisatorischen Umsetzungen bestimmter Leitideen: Für Aristoteles war das Allgemeinwohl eine Leitidee für die Wahl der Staatsform. Wir unterstehen der Strassenverkehrsordnung, die den Verkehr so regeln soll, dass Unfälle weitgehend vermieden werden, und Hausordnungen, die das nachbarschaftliche Zusammenleben zu maximalem Wohlbefinden aller regeln sollen.

Regeln und Institutionen entlasten uns von spontan zu vertretenden Entschlüssen, sie schränken die persönliche Freiheit (aller!) ein, zugunsten eines guten Miteinanders. Vielleicht wäre es ganz heilsam, wenn wir unseren Fokus auf allen gesellschaftlichen Ebenen weniger auf einzelne Personen, sondern wieder mehr auf die Ausarbeitung, Aktualisierung und Stärkung von Leitideen und guter Regeln für alle richten.

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